Wir alle kennen diese Momente, in denen wir uns extrem ungerecht behandelt fühlen und aus der Haut fahren könnten. Vielleicht, weil der Kollege vergessen hat, unseren Namen bei einer Gruppenarbeit zu erwähnen, … weil wir am Bahnhof angerempelt werden … oder weil der Chef uns anbrüllt. Das sind Momente, in denen wir uns angegriffen fühlen, verletzt sind und wütend werden. Verständlich. Die Frage ist nur: Haben wir etwas davon? Wäre es nicht viel leichter, die Kränkung einfach zu übergehen und sich die Laune nicht verderben zu lassen? Vor allem in den Situationen, die wir als Kleinigkeit bezeichnen können, ist es oft sinnvoller, sich „den Schuh nicht anzuziehen“.
Manchmal ist es besser, sich nicht angegriffen zu fühlen. Eigentlich sogar meistens. Denn seien wir mal ehrlich: Wenn uns jemand anrempelt oder die Vorfahrt nimmt oder der Kellner uns im Restaurant ignoriert, dann bringt es wenig, sich darüber aufzuregen. Es gibt natürlich auch Momente, in denen wir für uns einstehen dürfen und auch sollten. Auch dies kannst Du natürlich tun, ohne den Angriff vorher persönlich zu nehmen. Wer sich persönlich angegriffen fühlt, der reagiert nicht mehr auf der sachlichen Ebene, sondern wird ebenfalls persönlich. Das hast Du vielleicht schon selbst in einem Streit erlebt, bei dem es ziemlich fies wurde, weil Du Dein Gegenüber genauso verletzen und treffen wolltest. Letztendlich entsteht aber so kein konstruktiver Austausch und die Situation wird nur noch schlimmer. Oder kannst Du Dich an einen Streit erinnern, der wie von selbst versöhnt war, nachdem Du Deinen Gesprächspartner hitzig angegriffen hast? Vermutlich nicht. Aber hast Du schon die Lösung für die Frage, wie man Dinge nicht mehr persönlich nimmt?
Es geht nicht um dich
Möglicherweise hast Du Deiner Partnerin/Deinem Partner oder einer Freundin/einem Freund schon mal etwas richtig Gemeines an den Kopf geworfen. Vielleicht weil Du verletzt warst und es ihm gleich tun wolltest, vielleicht weil dich irgendetwas anderes sehr beschäftigt hat oder nervte oder weil Du Dich über Dich selbst geärgert hast … oder, oder, oder. Genauso ist es, wenn jemand Dich angreift oder kränkt: Diese Person ist selbst gestresst, verletzt oder irgendwie mit sich nicht im Reinen. Rempelt Dich also ein Fremder am Bahnhof an, dann sicher weil er genervt ist, nicht von Dir, aber vielleicht von seiner Verspätung zu einem Termin. Oder brüllt Dich der Chef vor versammelter Mannschaft für eine Nichtigkeit an, dann vielleicht, weil er Angst hat, dass er seine Firma nicht unter Kontrolle hat. Beleidigt Dich ein Fremder auf der Straße, dann sicher, weil er Aufmerksamkeit sucht. Und so weiter. Es gibt für fast alles eine plausible Erklärung. Und fast nie hängt es mit Dir persönlich zusammen, sondern immer mit der gestörten Balance der angreifenden Person! Es geht schlicht und einfach nicht um Dich, wenn Dich jemand angreift!
Dinge nicht persönlich nehmen und sich das Leben entspannter machen
Jetzt, wo Du weißt, dass es meistens nicht um Dich geht, reduziert sich Dein Ärger etwas oder? Die Situation im Beispiel mit dem brüllenden Chef wäre natürlich mit Deinem jetzigen Wissen nicht schöner, aber Du könntest diesen Vorfall jetzt anders betrachten (eventuell auch mit einem Schmunzeln im Gesicht): Im Prinzip hat Dir dieser Chef nur seine wunden Punkte offenbart.
Du kannst jetzt für Dich entscheiden, ob Du Dich weiter über die Gefühle anderer Menschen aufregen
oder das Leben entspannter angehen möchtest. Sicherlich stimmst Du mir zu, wenn ich sage: Entspannter macht das Leben einfach mehr Spaß.
Und wie genau bekommt man es nun hin, Dinge nicht persönlich zu nehmen ??
Ein Quick - Tipp - Guide für akute Fälle
- Durchatmen, bevor man reagiert (Kannst Du nicht?? Versuche es, Du kannst es lernen!)
- In Erinnerung rufen: „Meistens geht es nicht um mich.“
- Überlegen, ob der Angreifer aus seinem Mangel heraus reagiert, oder ob die Kritik/das Verhalten gerechtfertigt ist.
- Feedback einholen von einer Vertrauensperson (sie sollte ehrlich antworten und nicht nur das sagen, was Du gerne hören möchtest).
- Angemessen reagieren (mach es besser als Dein Angreifer)
Zu 1.) So klappt das Durchatmen vor der Reaktion
Ob es nun um einen Rempler geht oder um Kritik des Chefs: Durchatmen vor der Reaktion hilft. Jeder kennt das sicher, dass wir den gesunden Verstand bei einer Kränkung gerne ausschalten und sofort reagieren. Und genau das sind dann diese Momente, die eine Situation eskalieren lassen können … und die gilt es von Anfang an zu vermeiden
Zu 2.) Die gute Nachricht …
Wenn Dir bewusst ist, dass es nicht um Dich geht, gibt Dir das einige hundertstel Sekunden mehr Zeit zum Überlegen. Und nun kannst Du trainieren, nicht sofort in die Verteidigungshaltung oder wie Dein Angreifer auch, in die Angriffsposition zu gehen, sondern erst einmal durchzuatmen. Probiere aus, was Dir leichter fällt: Tief durchatmen? Oder innerlich bis 10 zählen? Das menschliche Gehirn funktioniert dahingehend eigentlich recht einfach: Wenn Du es schaffst, deine Aufmerksamkeit kurz vom Ärgernis wegzubewegen, kannst Du das „Verteidigungsprogramm“ stoppen.
Zu 3.) Überlegen: Ist die Kritik gerechtfertigt oder nicht?
Die folgenden Punkte beziehen sich weniger auf einen Rempler im Bahnhof, sondern auf etwas komplexere Situationen, wie z. B. Kritik an der Ausführung der eigenen Arbeit, am Geschmack des eigens gekochten Essens usw. . Dinge nicht persönlich zu nehmen hat eben auch viel damit zu tun, dass Du die gesamte Situation sachlich bewertest. Selbst wenn die Kritik gerechtfertigt ist (zum Beispiel weil das Essen versalzen ist oder Du eine Deadline verpasst hast), brauchst Du diese nicht persönlich nehmen. Denn dann bedeutet es einfach nur: Dein Essen hat nicht geschmeckt. Oder Deine Arbeitsleistung war an dieser Stelle nicht optimal. Nicht DU warst nicht gut genug, sondern nur Deine Umsetzung. Und die lässt sich verbessern – beim nächsten Mal. Jeder von uns muss sich vor Augen halten, dass wir nicht perfekt sein können, wir aber immer die Möglichkeit haben, dazuzulernen und uns zu verbessern. Nimm es also nicht persönlich, wenn mal etwas kritisiert wird, sondern sieh es als Chance, Dich zu verbessern. Im Falle einer gerechtfertigten Kritik wäre es also richtig, die unangenehme Situation zu nutzen und sich zu verbessern. Falsch hingegen wäre, hier in den Gegenangriff zu gehen.
Zu 4.) Feedback einholen: Vertrauenspersonen einbeziehen
Geht es um eine Situation, die Dich länger beschäftigt oder die tatsächlich tiefer geht, als „nur“ ein kurzer Zusammenprall mit dem Vorgesetzten, dann wende Dich an eine Vertrauensperson. Das kann Deine beste Freundin oder ein Bekannter sein, auf jeden Fall aber jemand, der Dir ein ehrliches Feedback gibt. Auch (oder gerade), wenn Du das Feedback vielleicht so nicht hören willst. Kritik von einer entfernten Person tut uns oft mehr weh, als ruhig und besonnen von einer Vertrauensperson ein Feedback zu bekommen. Wir fühlen uns bei Äußerungen durch fremde Personen schneller angegriffen als bei Äußerungen durch unsere Lieben. Berichte also Deiner Vertrauensperson möglichst sachlich und genau, was passiert ist (sonst ist die Situation verfälscht und Du kannst keine ehrliche Meinung der Vertrauensperson erwarten). Bitte sie um ihre ehrliche Meinung. Hör Dir an, was sie Dir dazu zu sagen hat. Und wenn diese Person auch der Meinung ist, dass die Kritik gerechtfertigt war, überlege, was Du ändern kannst. Auch damit hast Du dann aus der Situation etwas gewonnen. Du weißt nun, was Du verbessern kannst – beim nächsten Mal.
Zu 5.) Angemessen reagieren
Wenn Du weißt, dass der Angriff nicht Dir persönlich galt, ist die Reaktion einfach. Dabei ist es egal, ob es an der persönlichen Verfassung des Angreifers lag oder ob es um die Kritik an Deinem Handeln ging. Du hast nun das Wissen und damit auch die Gelassenheit, um auf eine Situation so zu reagieren, ohne dass es weiter zu verbalen Angriffen und Verletzungen kommt. Besser noch: Es fällt Dir leichter, in diesen Situationen für Dich einzustehen und Stärke zu vermitteln. Das nimmt dem Angreifer meistens den Wind aus den Segeln und verschafft Dir bei ihm, aber auch bei den Menschen im Umfeld, Respekt. Du hast die Kontrolle der Situation übernommen.
Es fühlt sich doch insgesamt sehr viel besser und entspannter an, wenn Du Dir nicht jeden Schuh anziehst, hm?
Den Alltag erleben mit mehr Gelassenheit
Dinge nicht persönlich zu nehmen und gelassener durchs Leben zu gehen, gibt Dir unheimlich viel Stärke. Du wächst daran, da Du Chancen erkennst. Du triffst hilfreichere (für Dich und andere) Entscheidungen (nicht aus einer Verletzung heraus). Beziehungen zu anderen Menschen werden besser. Du kommst im Job besser voran. Dein Selbstbewusstsein/Selbstwert-gefühl wächst. Wenn Du Dich nicht mehr aufregst, weil Dir z.B. jemand die Vorfahrt klaut, hast du mehr Zeit, um Dich auf die wirklich wichtigen Dinge in Deinem Leben zu konzentrieren.
Im gemeinsamen Coaching unterstütze ich Dich gerne dabei, zu erlernen, dass Dich eine Beleidigung durch einen Fremden an Dir abprallen kann oder dass Du erkennst, dass die Kritik des Chefs nicht Dir, sondern seinen unerfüllten Erwartungen gilt.